MusikMonochord-Workshop Jan Dosch mit Team Allton

Immunsystem stärken mit Musik?

Zusammenfassung: Das Immunsystem arbeitet eng mit dem Gehirn zusammen und somit beeinflussen sich Gefühle, emotionale Stimmungslagen und Gedanken gegenseitig. Musik kann unmittelbar starke Gefühle auslösen, Stimmungen und Gedanken rasch verändert und so auch effektiv auf das Immunsystem einwirken. Durch die Auswahl der Musik oder aktives Musikmachen und singen hat jeder Mensch eine aktive Möglichkeit seine Stimmungen und so die Abwehrkräfte des Körpers positiv zu beeinflussen und so das Immunsystem zu stärken. Musik kann somit ein starker Motivator zu Selbstregulation sein.

Das Immunsystem – Schutzmechanismus des Körpers:

Das Immunsystem ist das Abwehrsystem des Körpers und kann potentielle Krankheitserreger (Viren, Pilze, Bakterien, Parasiten) erkennen und verhindern, dass diese Schaden anrichten. Die Krankheitserreger werden am Eindringen in Körperzellen gehindert, nach außen abtransportiert (durch Niesen, Tränen, Schweiß) oder zerstört (durch Killerzellen und Antikörper). Auch abgestorbene Körperzellen werden vom Immunsystem abtransportiert. Das Immunsystem entwickelt sich stetig weiter, lernt neue fremde Erreger kennen und zu bekämpfen. Die gesammelten Erfahrungen werden gespeichert und bei erneuten Versuchen des gleichen Erregers werden diese frühzeitiger erkannt und abgewehrt.
Es wirken unterschiedliche Fakturen effektiv zusammen, ein Netzwerk aus Organen (Magen, Darm, Gehirn), Haut, Schleimhaut, Flüssigkeitssystemen (Blut, Wasser, Speichelflüssigkeit, Magensäure, Harn), Luftregulation (ausatmen über die Atemwege). Im Lymphsystem und über Blutgefäße werden die Abwehrzellen zu den unerwünschten Eindringlingen transportiert und können so effektiv abgewehrt werden.
Was stärkt/schwächt das Immunsystem?
Stress, depressive Störungen und psychische Erkrankungen können das Immunsystem schwächen. Demensprechend ist alles förderlich, was das neuronale Netzwerk im Gehirn entspannt, zur Ausschüttung von Glückshormonen bringt und für eine optimistische Grundstimmung förderlich ist.
Und hier ist musikmachen äußerst hilfreich.

„Jede Emotion hat über die ihr zugrunde liegenden Prozesse im Gehirn hinaus auch Effekte auf den Rest des Körpers; das heißt, jede Emotion geht mit vegetativen und sogar hormonellen Änderungen einher. Dadurch wirkt sie sich auch auf das Immunsystem aus, selbst wenn diese Effekte bei leichten, kurzen Emotionen vielleicht nur sehr klein sind.“ Siehe auch: https://www.dasgehirn.info/denken/musik

Aus: Prof. Stefan Kölsch – „Good vibrations – Die Heilkraft der Musik“ , S.124.

Hier ein Statement von Jochen Sattler, Musiktherapeut: „Natürlich stärkt Musik die Immunabwehr – ich habe da logischerweise erstmal die psychologischen Aspekte im Blick: Musik hilft, eine andere Haltung zu entwickeln, aufrecht den Dingen gegenüber stehen zu können, Selbstwert zu spüren, einzigartig zu sein und doch zur Gemeinschaft zu gehören, Zuversicht zu entwickeln und sicherlich korreliert dies mit einer verbesserten Immunabwehr.“ Siehe auch: https://youtu.be/TeYckt9p3cs
Musik beeinflusst messbar positiv Herz, Gefäße, Immunsystem und sogar die Muskeln, dies berichtet der der kanadische Neurowissenschaftler Daniel Levitin. Quelle: https://www.scinexx.de/dossierartikel/gut-fuer-herz-und-abwehr/

Emotion und Immunsystem: „Die (prä)motorischen Aktivitäten beim Musikmachen stehen auch wahrscheinlich im Zusammenhang mit den Prozessen des Immunsystems (Kreutz et al, 2004). Wirkung der Musikwahrnehmung auf das Immunsystem sind z.B. anhand von Konzentrations-Änderungen von Immunglobulin A im Speichel gemessen worden (Hucklebridge et al., 2000; McCraty et al., 1996; Kreutz et al., 2004).“

Quelle: Stefan Koelsch; Ein neurokognitives Modell der Musikperzeption; musiktherapeutische Umschau 26,4 (2005), S.365-381

Immer mehr Studien belegen, das musikhören, singen und musikmachen ein sehr effektives Instrumentarium ist:

Musikmachen

Musikmachen erfordert eine Koordination von Gehirn, aktiven Bewegungsabläufen (oftmals macht die rechte Hand was anderes als die Linke und beim Schlagzeuger z.B. auch noch der rechte Fuß was anderes wie der linke. Dann wird gleichzeitig der Takt, der Rhythmus und die Melodie gehört und das Notenblatt gelesen oder auswendig gespielt und die vorhergedachte Melodie im richtigen Rhythmus gespielt. Bei dieser komplexen neuronalen Vernetzung verlangt volle Konzentration und es bleibt keine Zeit und Energie um sich mit Alltagsproblemen zu beschäftigen. Gelingt das Musikstück so wie ich es mir vorstelle oder kann ich noch was verbessern? Höre ich das Lied mit Wohlgefallen, spüre ich die Glückshormone tanzen. Völlig unabhängig davon, ob das Stück auch eventuellen Zuhörern gefällt oder nicht. Das ist ein zusätzliches Add-on und kein Must-have. Wenn das noch dazukommt, natürlich umso besser.

saygili autschbach
Samira Saygili und Peter Autschbach unterstützen mit ihren Workshops beim Singen und Musikmachen

Singen

Singen z.B. wurde von mehreren Studien untersucht. Allein das mitsingen eines Songs im Radio hebt die Stimmung, hilft die Hirnfrequenz in Richtung Entspannung (Alpha-Zustand) zu verschieben. Auf die Frage, was Singen im Körper macht antwortet der Musikwissenschaftler Professor Gunter Kreutz: „Das Immunsystem wird angeregt, das Stresssystem wird runterreguliert und in der Summe ist das eine Vielfalt körperlicher Effekte. Die körperlichen Wirkungen sind aber nur eine Ebene von vielen. Es passiert zum Beispiel was in der Psyche – unsere Stimmung verändert sich. Es passierte was im Umfeld – man nimmt die anderen Menschen viel freundlicher und entspannter wahr. Das hat eine Rückwirkung auf uns selber und auf den Körper. Insofern ist Singen ein Rundumpaket, das ein Angebot macht für sehr viele Menschen.“

Singen kann bewirken, das die Glückshormone Oxytocin und Endorphin ausgeschüttet werden und sogar körpereigene psychoaktive Substanzen wie Endocannabinoide ausschütten, also Rauschgefühle wie beim Cannabis rauchen hervorrufen, jedoch ohne Cannabis und auch ohne deren Nebenwirkungen.
https://www.facebook.com/Therissimo/posts/1018722925002371/
https://www.mdr.de/wissen/singen-ist-gesund-100.html

„Wir haben in den vergangenen 6 Jahren einen Beweis erbracht, um zu zeigen, dass das Singen im Chor eine Reihe von sozialen, emotionalen und psychologischen Vorteilen haben kann, und jetzt können wir sehen, dass es auch biologische Effekte hat.“ So Dr. Lewis, der Leiter der Forschungsabteilung von ‚Tenovus Cancer Care‘ in 2016 (The Telegraph, 5.4.2016, „Singing in choir could help beat cancer“) https://www.youtube.com/watch?v=_bkmqutFemg

Musik hören

Meine erste eigene Stereoanlage war ein sehr einschneidendes Erlebnis. Plattenspieler, Verstärker und Lautsprecher wurde wie rohe Eier behandelt und die ersten 3 Schallplatten mit Handschuhen aufgelegt. Selektierte Musik zu hören im Stereosound wurde zur Leidenschaft und somit auch meine Einkäufe in Plattenläden. Stetig lernte ich dazu, wie sich das nach und nach noch steigern ließ: Kopfhörer für den verbesserten Stereosound, noch bessere Kopfhörer, Tonband-Abspiel und Aufnahmegeräte, bessere Boxen… Es war gar keine Frage, wieviel ich da als Schüler und Azubi Investiere. Diese produzierten Glücksgefühle durch HiFi (High Fidelity) waren allemal die Sache wert. Einmal in Ruhe auf den optimalen Platz im Raum richtig genussvoll hingehört und der stressige Schulalltag war vergessen. Diese Klangqualität zu entdecken war wie ein Rauscherlebnis, die beste Droge der Welt. Das gleiche Stück kann ich mir immer und immer wieder anhören und entdecke Nuancen, die ich die ersten 10mal nicht gehört habe. Wenn es mir nach dem 30-sten Male immer noch gefällt, wird es zu meinen Lieblingsliedern. Ich hörte mich in einen Rausch und hatte das Glück, dies auch noch mit Freunden teilen zu können. Bei den Musikanlagen bin ich bei der Mittelklasse geblieben, die High-End- Geräte schienen mir dann doch nicht erforderlich und brachten nicht den noch besseren zusätzlichen Kick.
Es brachte mich aber noch dazu, selber Musik zu machen, meine Gitarre wieder auszupacken und zu singen, allein und/oder auch mit Freunden. Unplugged, ohne Verstärker hat mir das immer am besten gefallen. Das ganze ohne große Bühne oder Planung von Konzerten – nur zum Spaß. Das selbst gespielte zu hören und zu arrangieren war mir wichtiger geworden als High End HiFi.
Vor ca. 10 Jahren habe ich dann die 360°-Lautsprecher entdeckt. Hier wird der Schall aus dem Lautsprecher durch einen Kampanoid, ein Doppelreflexionskegel umgelenkt und in alle Richtungen gleichmäßig im Raum verteilt. Das war ein weiterer Kick, ein weiterer Schritt zum besseren Hören.


Die Musikspeichermedien waren natürlich längst von der Schallplatte weg zu CD und Mp3 gewechselt, hatten sich also verschlechtert. Auf einer Messe lernte ich eine regionale Firma kennen, die riemengetriebene CD-Player herstellte. Die wollte ich natürlich gerne über die 360°-Rundum-Lautsprecher hören und habe die Firma eingeladen, den Player in meinen Räumlichkeiten vorzuführen. Bei dem Termin stellte der Hersteller auch mal den Unterschied von Mp3 (verarbeitet 8 Bit), CD (16 Bit) und LP (24 Bit) vor. Er hatte ein klassisches Musikstück in allen 3 Varianten mitgebracht. Zunächst erfolgte die 8 Bit Aufnahme über die Rundum-Lautsprecher. Das hörte sich schon ganz gut an. Dann folgte dasselbe Stück mit 16 Bit – wooow, das war um Welten besser. Der Wechsel zu 24 Bit hat mich und meine Freunde, die bei der Demonstration dabei waren Tränen in die Augen getrieben. Da wurde die Musik richtig Emotional und zum Gänsehautmoment. So unterschiedlich kann Musikhören sein.
All diese Dinge, die ich erlebt habe werden von der wissenschaftlichen Seite von Neurowissenschaftlern, Musikmedizinern u.a. untersucht und die Effekte analysiert und beschrieben – so kommt man nach und nach dem Geheimnis der Musik auf die Spur. Musik wirkt völlig anders als Sprache. Es gibt ein Sprachzentrum in der Großhirnrinde, aber kein Musikzentrum. Musik wird vom Ohr über den Hirnstamm geleitet, dem ältesten Teil des Gehirns. Darum kann uns Musik so emotional berühren, dass wir Gänsehaut bekommen oder zu Tränen berührt sind. Von dort aus kann die Musik alle Gehirnbereiche erreichen. Musik stärkt nicht nur das Immunsystem sondern kann noch viel mehr. Zum Teil habe ich davon schon in anderen Artikeln berichtet, z.B. https://allton.de/musik-als-ressource-und-selbstfuersorge/

HiFi-Hörstation mit 360° Lautsprechersystem Naturschallwandler Sunray

Aber zurück zur Wirkung auf das Immunsystem. Hier einige Studien darüber:

Wissenschaftliche Studien:
In der Psychoneuroimmunologie (PNI) werden Interaktionen zwischen dem Gehirn, unserem Verhalten und dem Immunsystem untersucht und gemessen (Maier, Watkins, & Fleshner, 1994). Dabei wird davon ausgegangen, dass das Gehirn mit dem Immunsystem kommuniziert und auch umgekehrt das Immunsystem mit dem Gehirn. Dies geschieht sowohl auf physikalischem Wege über das vegetative Nervensystem als auch durch Hormone als Botenstoffe. Unterschiedliche Forschungsergebnisse belegen, dass Erfahrung (z.B. musikalische Erfahrung) das Gehirn beeinflusst und das Gehirn seinerseits das Immunsystem steuert (Conti 2000; Maranto & Scartelli 1992; Scartelli, 1992).
Musik reduziert Stressreaktionen (z.B. gemessen in verminderter Freisetzung von Cortisol im Blut) bei Patienten vor einer Operation (Miluk-Kolasa, Obminski, Stupnicki, & Golec, 1994), bei Patienten während chirurgischer Eingriffe (Reilly, 1999), und bei Menschen, die generell psychologischem Stress ausgesetzt sind (Fukui & Yamashita, 2003; Khalfa, et al., 2003). Quelle: Musik im Gesundheitswesen, Bedeutung und Möglichkeiten musikmedizinischer und musiktherapeutischer Ansätze; Schriftenreihe zur Gesundheitsanalyse, Band 47; Schwäbisch Gmünd, Februar 2007; Herausgeber: GEK – Gmünder ErsatzKasse, 73529 Schwäbisch Gmünd; www.gek.de

Das Hören der Klaviersonaten von Wolfgang Amadeus Mozart führte bei Intensivpatienten zu deutlich geringeren Ausschüttungen des Stressbotenstoffs Interleukin 6. Herzfrequenz und Blutdruck gingen so weit zurück, dass die Ärzte noch eine halbe Stunde nach Hören der Musik auf die intravenöse Gabe eines Beruhigungsmittels verzichten konnten. (Quelle: Musikwissenschaftler Christian Lehmann: „Der genetische Notenschlüssel“, Herbig-Verlag 2010)
Sogar schon das bewusste Hören von angenehmer, beruhigender Musik regt die Produktion von Antikörpern an und stärkt das körpereigene Abwehrsystem. Das fanden Wissenschaftler von der Wilkes University im US-Bundesstaat Pennsylvania heraus. Mozarts Sonaten können Stresshormonen den Garaus machen und die Menge an Interleukin-6 im Blut senken (dabei handelt es sich um ein Protein, das mit einer erhöhten Sterblichkeitsrate, Diabetes und Herzproblemen in Verbindung gebracht wird), dies deutet eine weitere Studie des Massachusetts General Hospitals an. https://www.fitforfun.de/gesundheit/musik-hoeren-koennen-lieder-heilen-224625.html

  • Fazit:
    Das Immunsystem arbeitet eng mit dem Gehirn zusammen und somit beeinflussen sich Gefühle, emotionale Stimmungslagen und Gedanken gegenseitig. Musik kann unmittelbar starke Gefühle auslösen, Stimmungen und Gedanken rasch verändert und so auch effektiv auf das Immunsystem einwirken. Durch die Auswahl der Musik oder aktives Musikmachen und singen hat jeder Mensch eine aktive Möglichkeit seine Stimmungen und so die Abwehrkräfte des Körpers nach seinen Wünschen zu ändern.
  • Schlußbemerkung: Natürlich ist Musik nur ein Baustein für ein gutes Immunsystem. Bewegung, Ernährung, Frische Luft, Aufenthalt im Freien bei Sonnenschein um die Vitamin D-Produktion im Körper zu aktivieren u.a. gehören auch dazu. Ich beschäftige mich auch seit Jahren mit dem Thema der guten Ernährung und was die Zellmembrane brauchen um gut in Schwingung zu kommen. Das sind z.B. die speziellen Omega-3-Fettsäuren DHA und EPA. Wer mehr darüber wissen möchte kann mich gerne anschreiben. Musik kann ein guter Motivator sein um den „inneren Schweinehund“ zu überzeugen und ein effektiver Stimmungsverbesserer, um depressive Tendenzen zu stoppen und umzulenken in Lebensfreude und Optimismus.

Quellen:

  • Prof. Stefan Kölsch: „Good Vibrations – Die heilende Kraft der Musik“, 384 S., Ullstein Verlag Berlin, 2019
  • Daniel J. Levitin: Der Musik Instinkt, Spectrum akademischer Verlag Heidelberg, 2009
  • Hans-Helmut Decker-Voigt: „Aus der Seele gespielt“, 368 S., Goldmann 2000
  • Hans-Helmut Decker-Voigt: „Mit Musik ins Leben“, 200 S., Reinhardt 2007
  • Manfred Spitzer: „Musik im Kopf“, 468 S., Schattauer 2006
  • Ralph Spintge: „Musik als Medizin: Blutdruck erfolgreich senken“ (mit CD), 124 S., Trias 2003
  • Annette Landau, Peter Stulz: „Musik und Medizin“, 205 S.; chronos verlag, Zürich 2003
  • Kreutz, G., Bongard, Rohrmann, S., Hodapp,V., & Grebe, d: (2004): „Effects of choir singing or listening on secretory immunoglobulin A, cortisol, and imotional state”, Journal of Behavioral Medicine

Fotonachweise: Titelbild: Das Foto entstand bei einem Monochord-bauworkshop, den Jan Dosch mit dem Allton-Team im Frühjahr 2019 durchgeführt hat. Es hat allen viel Spaß gemacht, Instrumente selber zu bauen und etwas von der langjährigen Erfahrung des Monochordbauers Jan Dosch kennenzulernen.